Musikstadt Köln: Keine Behauptung, sondern Realität!

Als der damalige Oberstadtdirektor Kurt Rossa (1930-1998) diesen Satz in der von ihm herausgegebenen Publikation „Musikstadt Köln“ niederschrieb, war der Beton der gerade fertiggestellten Kölner Philharmonie womöglich noch nicht vollständig getrocknet. Zeitpunkt und Anlass ihrer Eröffnung am 14. September 1986 boten jedoch einen geeigneten Rahmen, um die Entwicklung des Kölner Musiklebens der letzten vierzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in einer größeren Veröffentlichung zu würdigen. Gleichzeitig konnte der Konzertsaal als neues Wahrzeichen einer zu diesem Zeitpunkt bereits etablierten und auch international anerkannten Musikstadt gelten.
Denn in der Tat war es keine haltlose Behauptung Rossas, wenn er Köln das Prädikat einer „Musikstadt“ zusprach. Unmittelbar nach Kriegsende begann in fast allen musikrelevanten Bereichen eine oftmals nicht ganz reibungslose, aber dennoch neue, prosperierende Ära, die in den 1980er Jahren bereits weit gereift war.

Essentielle Grundlagen für das Gedeihen des Kölner Musiklebens wurden vor allem durch das rasche Wiedererstarken der traditionellen städtischen Musikeinrichtungen (Gürzenich-Orchester, Bühnen der Stadt Köln) und der Ausbildungsstätten (Staatliche Hochschule für Musik, Rheinische Musikschule) geschaffen. Zudem erwies sich die Übernahme des ehemaligen Kölner Reichssenders durch den Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) im Jahr 1945 als bedeutender Motor für die Entwicklung Kölns als Musik- und Medienstadt. Der hohe Musikanteil des Senders, der im Jahr 1956 als WDR eigenständig wurde, und seine starke Förderung bisher vernachlässigter (Alte Musik) oder durch das NS-Regime unterdrückter Genres (v.a. Neue Musik, Jazz) erzeugte eine Sogwirkung, der sich viele Muskschaffende, nicht zuletzt auch junge Musikerinnen und Musiker, die auf der Suche nach einem geeigneten Studienplatz waren, nicht entziehen konnten. In der Folge formte sich ein vielfach biographisch nachweisbarer Kreislauf, bei dem die Kölner Ausbildungsstätten ihre Absolventinnen und Absolventen in die berufliche Praxis entließen, diese dann in den hiesigen Orchestern, Ensembles, Chören, Bands und weiteren Gruppen oder als Solistinnen und Solisten ihre Erfahrungen machten, und diese dann wieder in die Ausbildungsstätten, etwa als Dozierende zur Reflexion brachten. Dieses „System“ trug wesentlich dazu bei, dass sich Köln als liberale Musikstadt profilierte, in der das musikalische Schaffen nicht nur gepflegt, sondern auch weitergedacht und weiterentwickelt wurde. Herausragend sind die Erfolge auf den Gebieten der Neuen Musik, des Jazz oder der Alten Musik, die allesamt institutionellen Einzug in den Kölner Lehrbetrieb erhielten und bis heute wichtige Eckpfeiler des Hochschulprofils darstellen.

Obwohl die Verflechtungen zwischen städtischen Einrichtungen und Rundfunk eine zentrale Rolle für das öffentliche Musikleben spielten und noch immer spielen, wäre es deutlich zu kurz gegriffen, den Ruf Kölns als Musikstadt allein damit zu begründen. Hierfür ist die Kölner Musiklandschaft zu vielschichtig. Man denke nur an die reiche Fülle an Brauchtumsmusik, an die Kölner Originale, an die Straßenmusik, an den Krätzchengesang oder die traditionellen Divertissementchen. Auch der weltberühmte Karneval hinterließ natürlich seine musikalischen Spuren. Der so genannte „Kölsch-Rock“ stellt eine lokale Besonderheit dar und hat sich insbesondere um die Pflege und Verbreitung der Kölner Mundart verdient gemacht. Der große Anteil der kölschen Klänge im Musikleben der Stadt verdeutlicht zudem, dass Musik für die Kölnerinnen und Kölner nicht nur Liebhaberei oder Beschäftigung ist, sondern zu ihrer Kultur und Identität gehört.

Letztlich sind es jedoch die Menschen, denen Köln seinen Titel als Musikstadt verdankt. Das hiesige Musikleben ist bis heute facettenreich, besteht aus vielen persönlichen Beziehungen und Querverbindungen, hat viele Wandlungen durchgemacht und ist daher kaum in seiner Gänze zu erfassen.
Die Ausstellung nähert sich daher dem gerade skizzierten Phänomen der „Musikstadt Köln“ in einer pointierten oder – um es im Musikjargon zu sagen – rhapsodischen Art und Weise. Denn wie bei einer Rhapsodie die musikalischen Themen lose miteinander verbunden werden, so stellt die Ausstellung thematisch verschiedene musikalische Besonderheiten Kölns mit ausgewählten Exponaten nebeneinander. Das Ziel besteht darin, die Grundzüge des Kölner Musiklebens nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur deutschen Wiedervereinigung zu beleuchten, aus denen sich das Ansehen Kölns als Musikstadt speist: Wie konnte das Kölner Musikleben im völlig zerbombten Köln rasch wieder Fuß fassen? Unter welchen Bedingungen gingen die städtischen Musikeinrichtungen wieder ans Werk? Welche Kontinuitäten in der Musiklandschaft gab es, und an welchen Stellen geschahen tiefgreifende Umbrüche und Neuerungen?
Die ausgewählten Exponate stammen mit wenigen Ausnahmen aus den Beständen des Historischen Archivs und geben einen Einblick in die reiche Fülle an Unterlagen und Dokumenten, aus denen sich Rückschlüsse zur Kölner Musikgeschichte ziehen lassen. So stehen amtliche Unterlagen jenen aus Nachlässen, Vereinsarchiven und Sammlungsbeständen privater Provenienz gegenüber. Neben Schriftzeugnissen sind es zahlreiche Plakate und Fotografien, die die Emotionen und Ästhetik der Zeit einfangen, in der Köln zur Musikstadt wurde.

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